Northeim/Dassel/Abbecke (lpd). Seit nunmehr über 38 Jahren führt Reinhard Leibecke aus Relliehausen regelmäßig Feldbegehungen in der Region durch, um die Hinterlassenschaften von Jägern und Sammlern aufzuspüren. Dadurch konnte er eine Vielzahl an Funden aufsammeln, die sonst unbekannt geblieben und mit der Zeit verloren gegangen wären. Es handelt sich in erster Linie um Steinartefakte aus der älteren (Paläolithikum) und mittleren Steinzeit (Mesolithikum). Sie belegen nicht nur, dass Menschen vor tausenden von Jahren hier gelebt haben, sondern, dass sie bewusst die Ostflanke des Sollings mit seinen engen und tiefen Tälern, wie hier am Abbecker Bach und der Ilme, zu nutzen wussten.

Angeregt durch diese beeindruckenden Funde hat nun Dr. Jordi Serangeli von der Universität Tübingen und vom Senckenberg Centre for Human Evolution and Palaeoenvironment in enger Kooperation mit der Kreisarchäologin Dr. Petra Lönne, jetzt in Abbecke eine kleine archäologische Grabungskampagne gestartet.

Ein internationales studentisches Grabungsteam, unter der örtlichen Grabungsleitung von Madison McCartin und Gabriele Russo, wird in den kommenden zwei Wochen Sondierungsgrabungen durchführen.

Dr. Jordi Serangeli: "Wir verfolgen mit dieser kleinen Grabung verschiedene Ziele. Zuerst möchten wir einen Blick unterhalb des Pflughorizontes werfen, um zu sehen, ob es an dieser Stelle noch intakte Fundschichten gibt. Herr Leibecke hat in der Umgebung Funde gesammelt, die in eine Zeitspanne zwischen 10.000 und über 50.000 Jahren zu datieren sind. Mit diesen Funden, fast alles Werkzeuge aus Stein, möchten wir versuchen, Licht in die Vorgeschichte am Solling zu bringen, als hier Jäger mit Pfeil und Bogen, aber auch mit Speerschleudern und Wurfspeeren große Tiere wie Hirsche, Auerochsen oder Pferde gejagt haben.“

Die Ausgrabung ist gleichzeitig eine Lehrgrabung für die Studierenden, die, nachdem sie bereits fast zwei Wochen in Schöningen, Landkreis Helmstedt, mitgegraben haben, hier ihre Kenntnisse beim Ausgraben, Vermessen und Dokumentieren weiter vertiefen können. „Ein ausgesprochen spannendes Projekt, welches wir insbesondere Reinhard Leibecke zu verdanken haben“, zeigt sich Landrätin Astrid Klinket-Kittel beeindruckt von dem Projekt. ### Reinhard Leibecke hat in beinahe vier Jahrzehnten eine beeindruckende Menge an Fundstücken gesammelt. Darunter sind auch Steinklingen, an denen noch Reste von Birkenharz haften, mit denen diese in Holzschäften fixiert waren, oder größere Steine, die für das Aufbrechen von Markknochen genutzt wurden, und noch heute eindeutige Gebrauchsspuren aufweisen. 

„Ohne verantwortungsbewusste Sammler, wie Herrn Leibecke, wären wir kaum in der Lage, derartige Fundplätze zu entdecken“, erläutert Dr. Serangeli, der darauf hofft, ebenfalls weitere Steinartefakte finden zu können. „Es wäre schön, wenn dies der Auftakt für ein umfangreiches Forschungsprojekt sein könnte“, zeigt sich auch Landrätin Astrid Klinkert-Kittel gespannt, auf die Ergebnisse der Grabungskampagne.

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