Einbeck (red). Es ist ein offenes Geheimnis: In Deutschland kostet der Erwerb eines Führerscheins derzeit im Schnitt mehr als 3.000 Euro – eine enorme Hürde, insbesondere für junge Menschen. Das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) will diesen Trend stoppen und hat Eckpunkte für eine umfassende Reform der Fahrschulausbildung vorgestellt. Ziel ist es, den Führerscheinerwerb ab 2026 günstiger, digitaler und effizienter zu gestalten.
Niedersachsens Verkehrsminister Grant Hendrik Tonne betonte, Mobilität sei gerade in Flächenländern wie Niedersachsen Teil der Daseinsvorsorge:
„Für viele junge Menschen ist der Führerschein keine Frage des Komforts, sondern eine Voraussetzung, um Schule, Ausbildung oder Arbeit überhaupt erreichen zu können. Deshalb darf er kein Luxusgut werden.“
Jannik Küster von „Janniks Fahrschule“ in Einbeck sieht die geplanten Änderungen kritisch: „Die Vorschläge des BMDV sind aus unserer Sicht nicht durchdacht. Wir denken, dass sie zum Großteil nicht umsetzbar sind und falls sie doch umgesetzt werden, wird dies die Verkehrssicherheit zum Negativen beeinflussen.“
Ausgewählte Eckpunkte des Reformpakets „Bezahlbarer Führerschein“
Demnach soll die Pflicht zum Präsenzunterricht entfallen; stattdessen soll der Unterricht künftig digital – etwa per App – stattfinden. Außerdem plant das BMDV, den Fragenkatalog der theoretischen Prüfung um rund ein Drittel zu reduzieren. Nach Angaben des Ministeriums soll die Verkehrssicherheit dabei weiterhin im Mittelpunkt stehen.
Auch in der praktischen Ausbildung sind Änderungen vorgesehen: Der Einsatz von Simulatoren soll deutlich ausgeweitet werden. Zudem soll die praktische Fahrprüfung künftig nur noch 25 Minuten dauern, um den Ablauf effizienter zu gestalten.
Weniger Theorie, mehr Digitalisierung – auch durch Simulatoren
Die Reform sieht vor, den Theorieunterricht vollständig digital zu ermöglichen. Dazu äußert sich Jannik Küster deutlich: „Der Vorschlag, den Präsenzunterricht abzuschaffen und nur auf Onlineunterricht zu setzen, wird – wie schon zu Zeiten des Homeschoolings während Corona – nicht dazu beitragen, dass die Schüler den Unterrichtsstoff besser lernen.“
Er ergänzt: „Es gibt durchaus Lektionen, die man gut digital vermitteln kann. Bei anderen ist der Präsenzunterricht aus unserer Sicht jedoch nicht zu ersetzen. Zur Corona-Zeit konnten wir schon Erfahrungen sammeln und haben dort nur online unterrichtet. Dass die Unterrichte inzwischen wieder in Präsenz stattfinden, spricht für sich. Wenn sich damals alles zum Besseren entwickelt hätte, würde man heute wahrscheinlich weiterhin online unterrichten.“
Doch wie denken die Fahrschülerinnen und Fahrschüler in „Janniks Fahrschule“ über dieses Vorhaben?
„Kürzlich habe ich während unserer Theoriestunde gefragt, wie die Schüler zu einem Onlineunterricht stehen. Das Ergebnis war eindeutig: Die meisten könnten sich vorstellen, einen Teil digital zu absolvieren, möchten den Großteil jedoch lieber in Präsenz. Durch das Homeschooling während der Corona-Zeit haben die Schüler ihre Erfahrungen gesammelt – und die waren mehrheitlich nicht positiv. Alle waren froh, wieder gemeinsam lernen zu können“, gibt Jannik Küster einen Einblick.
Auch der Einsatz von Simulatoren soll künftig Kosten senken. Fahrschülerinnen und Fahrschüler könnten bestimmte Sonderfahrten – etwa Nacht-, Autobahn- oder Überlandfahrten – teilweise am Simulator absolvieren.
„Der Simulator kann zwar hilfreich sein, ersetzt aber nicht die Erfahrung im realen Straßenverkehr. Dass künftig Sonderfahrten auf dem Simulator anerkannt werden sollen, halten wir daher für gefährlich“, warnt Küster. „Jede Stunde im Fahrschulauto trägt dazu bei, dass die Schüler sicherer im Verkehr unterwegs sind. Wenn man aber Kosten reduzieren möchte, wird man nicht darum herumkommen, die Anzahl der Sonderfahrten zu reduzieren.“
Hohe Kosten bleiben strukturelles Problem
„Als größten Kostenfaktor würde ich das Auto an sich anführen“, erklärt Küster. „Von den in den letzten Jahren stark gestiegenen Versicherungsbeiträgen über höhere Werkstatt- und Anschaffungskosten bis hin zu weiteren Posten wie der Pflichtmitgliedschaft in der Berufsgenossenschaft, der Verpflichtung, einen Betriebsarzt vorzuhalten, sowie zahlreichen Versicherungen und den Kosten für die Fahrschulüberwachung – all das schlägt sich auf den Preis nieder.“
Zudem gibt er zu bedenken: „Auch ein Fahrsimulator wird kaum günstiger sein als ein Neuwagen.“
Foto: „Janniks Fahrschule“