Bad Gandersheim (red). Mit einem Festakt in der Stiftskirche ist die 65. Spielzeit der Gandersheimer Domfestspiele vom Staatssekretär im Niedersächsischen Ministerium für Wissenschaft und Kultur, Prof. Joachim Schachtner, offiziell eröffnet worden. „Die Gandersheimer Domfestspiele werden auch als ,kleines Wunder in der Provinz‘ bezeichnet. Dafür sorgt leidenschaftlicher Einsatz und unheimlich viel Arbeit vor Ort – von der Festspielleitung über das Ensemble sowie das Publikum bis hin zu den Menschen in der Region“, sagte Schachtner, „dazu kommt ein Programm, das sowohl den Alltag vergessen lässt und gleichzeitig Stoff zum Nachdenken bietet.“ Der Staatssekretär würdigte die in der Region verankerten Gandersheimer Domfestspiele als ein Gemeinschaftserlebnis, an dem viele Menschen ihren Anteil haben.
Aufsichtsratsvorsitzender Uwe Schwarz wünschte sich in seinen Eröffnungsworten eine stärkere staatliche Unterstützung des Theaters. „Wenn wir uns darin einig sind, dass unsere Gesellschaft ohne eine breite und kritische Kulturszene eine arme und bedauernswerte Gesellschaft ist, und wenn wir uns darin einig sind, dass Theater tatsächlich einen Bildungsauftrag hat, dann muss der Staat auch die finanziellen Grundlagen dafür sichern, und zwar schnell – bevor es zu spät ist“, sagte Schwarz.
Intendant Achim Lenz forderte bei der Eröffnung eine intensivere Diskussion über Bildung und vom Publikum den Mut, auch über andere Begriffe wie Werte oder Heimat miteinander zu sprechen. Auf der diesjährigen Tribünenverkleidung seien unter andere anderen Zitate aus Klassikern der Welttheaterliteratur zu finden. Er würde sich freuen, wenn darüber die Menschen ins Gespräch kommen würden. „Zitieren Sie was das Zeug hält“, wünschte sich Achim Lenz. „Zitate haben die Fähigkeit uns zusammenzubringen, uns wie das Theater darauf aufmerksam zu machen, dass wir ein und demselben Kulturwissen entstammen, ein Gut, das der Menschheit gehört. Egal ob die Zitate von schlechten Menschen oder von Genies stammen, gerade das macht eine lebhafte und oszillierende Diskussion darüber aus.“
Im Theater spiele man auf der Bühne das „Was wäre wenn“ durch, ohne es selber erleiden zu müssen. „Seltsamerweise erleiden wir dann doch während des Prozesses des Schauens und Machens etwas, tief in uns drinnen“, sagte Intendant Achim Lenz. „Wir verändern uns, wir stellen Fragen, wir erkennen uns selbst.“ Die alten Griechen hätten das Katharsis genannt. Und diesen Prozess gebe es auch bei der Infotainmentshow „Dancing Queen – das große ABBA-Konzert“. Er habe gehadert, das Erfolgsstück wieder aufzunehmen. „Ich sage es ganz ehrlich, ich hätte Ihnen hier lieber einen Klassiker auf die Bühne gezaubert“, sagte Lenz. Er fühle sich allerdings leider in guter Gesellschaft, auf den Bühnen seien nur noch wenige Klassiker zu sehen. Das junge Publikum kenne dadurch vieles gar nicht mehr. Mehr Bildung sei jedoch ein Weg, sich den Herausforderungen dieser Zeit zu stellen.
Nach der Eröffnungsfeier ist Niedersachsens größtes professionelles Freilichttheater am Sonnabend (15. Juni) mit der ausverkauften Wiederaufnahme-Premiere von „Dancing Queen – das große ABBA-Konzert“ in die Spielzeit gestartet. Bereits mehr als 45.000 Tickets sind im Vorverkauf für alle fünf Produktionen dieses Theatersommers verkauft worden.