Einbeck (red). Das Jubiläum zu 100 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland stand im Mittelpunkt der jüngsten Mitgliederversammlung der Einbecker SPD. Dazu hatte die stellvertretende Ortsvereinsvorsitzende Michaela Schnepel mit der früheren Landtagsabgeordneten und Vorsitzenden der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen im SPD-Bezirk Hannover Luzia Moldenhauer eine fachkundige Referentin eingeladen. Diese begann ihr Referat mit den Worten der Frauenrechtlerin Louise Dittmar anlässlich der Wahl zur Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche 1848: „Wohl spricht man viel von Freiheit für alle, aber man ist gewöhnt unter dem Wort ‚alle‘ nur die Männer zu verstehen.“ In der Nationalversammlung waren damals nur Männer ab 25 Jahren mit Besitz vertreten.

In den meisten deutschen Staaten wurde Frauen damals die Mitgliedschaft in politischen Vereinen verboten und sie hatten kein Versammlungsrecht. Sie durften sich nur in „unpolitischen Vereinen“ betätigen. Trotzdem, so führte Moldenhauer aus, schlossen sich Frauen ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in Gruppen und Vereinen zusammen, um sich für Frauenbelange und Frauenrechte wie das Recht auf Bildung und Erwerbsarbeit, die Teilnahme am politischen Leben sowie ökonomische und soziale Selbstständigkeit, einzusetzen. 1891 nimmt die SPD auf ihrem Erfurter Parteitag, als erste deutsche Partei, die Forderung nach Einführung des Frauenwahlrechts explizit in das Parteiprogramm auf. 

Mit der Aufhebung des Preußischen Vereinsrechtes am 15. Mai 1908 fiel endlich das Verbot der Mitgliedschaft für Frauen in politischen Parteien und Organisationen, die politische Themen beraten. Der erste internationale Frauentag fand am 19. März 1911 statt, organisiert von Clara Zetkin und Käte Duncker, zwei der bedeutendsten Frauenrechtkämpferinnen.

Nach Ende des Ersten Weltkrieges und Überwindung des Kaiserreiches am 12. November 1918 verkündete die Reichsregierung ein neues demokratisches Wahlrecht. Im Artikel 109 der Weimarer Verfassung findet sich schließlich der Satz: „Männer und Frauen haben grundsätzlich dieselben staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.“ Am 19. Januar 1919 dürfen Frauen zum ersten Mal wählen und gewählt werden. Die Sozialdemokratin Marie Juchacz hält als erste Frau am 19. Februar 1919 eine Rede in einem deutschen Parlament. Bis zur Ablösung der Demokratie durch die Diktatur im Dritten Reich setzten die Parlamentarierinnen etliche Gesetze durch, die Frauen absicherten und ihnen neue Berufsfelder eröffneten. Mit der Machtübernahme der Nazis wurden jedoch zunehmend Frauen aus dem Parlamenten gedrängt. Nicht zufällig waren zur Zeit des Nationalsozialismus nur Männer in führenden Positionen. Auch bei den Organisationen, die heute versuchen, das nationalsozialistische Gedankengut wiederzubeleben, sind nur wenige Frauen an führender Stelle positioniert.

Nachdem Deutschland und Europa im Zweiten Weltkrieg von den Nationalsozialisten in den Untergang geführt worden waren, war die treibende Kraft bei der Durchsetzung des Gleichberechtigungsgrundsatzes die Sozialdemokratin Elisabeth Selbert. Als eine von vier Frauen im 65-köpfigen Parlamentarischen Rat beschließt sie am 23. Mai 1949 mit ihren Kolleginnen und Kollegen das Grundgesetz. Im Artikel 3 des Grundgesetzes ist die Gleichberechtigung von Frauen und Männern festgelegt.

Vieles, so stellt Michaela Schnepel fest, ist seither für die Frauen erreicht worden. Trotzdem ist sich die stellvertretende SPD-Chefin von Einbeck mit Luzia Moldenhauer einig, es liegt noch ein langer Weg bis zu einer vollständigen Gleichberechtigung von Frau und Mann in der deutschen und europäischen Gesellschaft vor uns. Ein Schritt dahin ist die Ankündigung von Ministerpräsident Stephan Weil, dass die SPD sich über ein Parité-Gesetz für die gleiche Anzahl von Frauen und Männern in den Parlamenten einsetzen wird. Ein Vorhaben, dass bei der Einbecker SPD Unterstützung findet, denn wie sagte schon Käte Strobel 1959 „Politik ist eine viel zu ernste Sache, als dass man sie allein den Männern überlassen könnte.“

Foto: SPD